Cherno Jobatey bei der HuffPo – hat das der "Postillon" vermeldet?

Von Christiane Brandes-Visbeck

 

Morgen geht's los: Die deutschsprachige Huffington Post geht unter www.huffingtonpost.de online. Das ist ein Online-Nachrichtenangebot aus den USA, welches die sehr engagierte griechischstämmige Journalistin und Verlegerstochter Arianna Huffington gegründet hat. Das Konzept: Fest angestellte Redakteure produzieren Nachrichten, Hintergrundberichte und Unterhaltsames. Blogger, Prominente und Personen des öffentlichen Lebens liefern honorarfrei Blogbeiträge und Meinungsartikel. In den USA publiziert das Onlineportal nach eigenen Angaben über 1.600 Beiträge pro Tag. Über 30.000 Blogger schreiben dort neben prominenten Gastautoren wie Barack Obama, Google-Gründer Larry Page oder Schauspieler Robert Redford. 

Vor knapp zwei Jahren hat AOL die mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Informations-Plattform übernommen – die charismatische Gründerin in ihrer Funktion als Präsidentin und Chefredakteurin gleich mit. Was in den USA als Erfolgsrezept gilt, soll nun auch in Deutschland funktionieren. Partner der deutschsprachigen Ausgabe ist Hubert Burda Media, wo das für deutsche Verhältnisse innovative Onlineangebot in enger Kooperation mit der Tomorrow Focus AG produziert wird.

 

Hubert Burda ist unter den deutschen Verlegern der Großvater des Onlinejournalismus

 

Als eine, die einst in der Funktion des "Directors Content Business Development" an einem deutsch-amerikanischen Medien-Joint-Venture mitgewirkt hat und vorher viele Jahre im New Yorker Büro von Burda Media im Rockefeller Center als Vertretungskorrespondentin gearbeitet hat, beobachte ich den Rollout des HuffPo-Konzepts nach Germany mit großem Interesse. 

 

Hubert Burda Media ist als deutscher Kooperationspartner aus US-amerikanischer Sicht ein naheliegender Partner. Schon in den 1990er-Jahren hat sich Hubert Burda persönlich für Onlineauftritte und alle technischen Möglichkeiten des neuen elektronischen Publizierens interessiert. Der Verleger ist damals mehrmals im Jahr in die USA zu einschlägigen Kongressen gereist, um sich über neue Internettrends und Kooperationsmöglichkeiten zu informieren. Das weiß ich aus erster Hand, durfte ich doch eine Zeit lang die US-Reiseagenda rund um Verlags- und Internettermine für den obersten Burda-Chef zusammenstellen. Kurz: Hubert Burda ist mit vielen amerikanischen Verlegerkollegen gut vernetzt. Er persönlich gilt als innovativ, sein Verlag als angenehmer und großzügiger Rollout-Partner. 

 

@chernojobatey hat nicht mal "Dankeschön" getwittert

 

Doch die Berufung von Cherno Jobatey als Editorial Director (Herausgeber) hat der sogenannten Netzwelt die Sprache verschlagen. Morgenmagazin-Cherno? Hat der überhaupt einen Twitter-Account? Möglicherweise ist die Personalie ein Zugeständnis an Arianna Huffington, die Cherno wohl schon länger kennt und vielleicht schätzen gelernt hat. Immerhin hat der schillernde Fernsehmann schon in den USA gelebt, als junger Journalist für den "Spiegel", die "Zeit" und den amerikanischen TV-Sender RIAS gearbeitet, bevor er bei der ZDF-Morgenschau andockte. Er spricht fließend englisch und durfte zuletzt immerhin den Society-Reporter geben. Klingt doch gut, oder? Es gibt nur einen kleinen Haken: Mag Jobatey in München international ausgerichtete Onlinekongresse moderiert haben und US-amerikanischen Publishern bekannt sein, bei uns gilt der Cherno nicht als "Internetz"-Experte.

 

Jobatey bald Valley-affiner Hipster, smarter CEO oder weiterhin auf seine Art "crazy"?

 

Und so fragte sich wohl so mancher, ob diese Personalie das Satiremagazin "Postillon" vermeldet hat. Versteht der TV-Moderator-turned-Online-Chef überhaupt etwas von Content-Aggregieren und Social Media? Dass @ChernoJobatey auch Stunden nach der Bekanntgabe seiner Berufung im amerikanischen Promi-Organ "Hollywood Reporter" keinen Dankeschön-Tweet an seine Chefin @AriannaHuff abgesetzt hat, hat seiner Onliner-Reputation sicherlich nicht geholfen.

 

Und dennoch. Vielleicht ist er ja eine gute Wahl für einen Job, den man in der guten alten Zeit 'Frühstücksdirektor' nannte. Als Aushängeschild der HuffPo muss er nun netzwerken, Kontakte zu ehemaligen Kollegen und prominenten Hobbyautoren herstellen und als charmanter Spindoktor unterwegs sein. Dass er mit Menschen kann, hat er als Gastgeber vom ZDF-"Morgenmagazin" bewiesen. Von seinem Image als respektloser Turnschuhträger hat der Mann lange zehren können. Doch jetzt ist die Zeit gekommen, sich als Top-Manager neu zu erfinden. Ob als Valley-affiner Hipster, smarter Startup-CEO oder als einer, der nach wie vor unkonventionell "crazy" ist, wird sich wohl in den nächsten Monaten zeigen. 

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