Veröffentlichungen.


Über Digital Leadership: Führung im Digitalen Zeitalter.


Über Medieninnovationen & digitale Persönlichkeiten.


Selfie mit Carline Mohr auf der re:publica 2017
Selfie mit Carline Mohr auf der re:publica 2017

#DMWkaffee mit... Interviewreihe mit inspirienden Frauen aus der Digitalbranche.


Über Kommunikation, Social Media & Content Strategie.


(Foto: pixabay.com)
(Foto: pixabay.com)

Repost: Kolumne "Thank God, it's Leadership Monday".


Sind Sie ein Chef aus der Hölle?

14. Dezember 2015

Kennen Sie das? "Morgen kommt der Marketingleiter vorbei! Bis dahin brauchen wir noch neue Praktikanten. Und bringt auch Bekannte von euch mit, die sich an die Rechner setzen, damit es hier nicht so leer aussieht."
So etwas sagt nur ein Chef aus der Hölle.

"Aus der Hölle" ist eine Bezeichnung für alles, was uns nervt. Und zwar so richtig. Etwas, das nicht verschwindet. Wie etwa unwissende Kunden, rücksichtslose Kollegen oder maßlose Vorgesetzte, die einfach zu blöd sind, deren Wünsche keiner Ernst nehmen kann.

 

Wer erinnert sich nicht mehr an das Blog Aus der Hölle? Der Hamburger Art Director Florian Bredel sammelt und publiziert über mehrere Jahre Sprüche "Aus der Hölle" – veröffentlicht aufgrund des großen Erfolgs ein Buch, die höllisch gute Facebookseite wird von 38.000 Menschen mit "gefällt mir" geadelt, der Twitteraccount @ausderhoelle hat knapp 3.500 Follower. Wenn man bedenkt, dass laut einer aktuellen Social-Media-Studie Twitterer mit mehr als 300 Followern als erfolgreich gelten, ist "Aus der Hölle" ein anhaltender Social Media-Hit.

 

Doch, was ist los? Warum postet da keiner mehr etwas? Regen wir uns im Büroalltag nicht mehr auf? Oder gibt es gar nichts mehr zum Aufregen?

Bredels Rubriken heißen "Kunden aus der Hölle" und "Kollegen aus der Hölle". "Chefs aus der Hölle" gibt es noch nicht. Ich finde, diese Lücke sollten wir schließen. Schreiben wir mal über Chefs, die es einfach nicht verstehen, das mit diesem Führen auf Augenhöhe, dem digitalen Wandel – eben Chefs aus der Hölle.

 

Oops, Sie gehören dazu? Macht nichts. Ihnen kann geholfen werden. Ab heute immer montags in meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday.

Ich freue mich auf Sie.

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 

(ab jetzt erscheinen die Beiträge hier rückwärts chronologisch)


Love. Love. Love.

15. Februar 2016

Gestern war Valentinstag. Dieser Pseudo-„Wir-haben-uns-alle-lieb"-Tag, den Männer gern vergessen - trotz flächendeckender Fernsehwerbung und Hörfunkspots von Onlineblumenhändlern und Süßwarenherstellern.

Genau wie Halloween wurde dieser Tag nur initiiert, um den Konsum anzukurbeln. Damit die Wirtschaft noch mehr Umsatz macht! Kann man so sehen. Muss man aber nicht. Heute plädiere ich aus gegebenem Anlass für Digital Leadership mit Herz.

Kennen Sie das? Ihr Studienfreund leidet bei einem Mitbewerber unter einem unfähigen Vorgesetzten, der wohl nach dem Peter-Prinzip (hier lustig erklärt) befördert wurde. Die Mitarbeiter haben größtenteils innerlich gekündigt, weil sie in ihrer Arbeit keinen Sinn mehr sehen und den Glauben daran, dass es woanders besser sein könnte, aufgegeben haben. Er selbst identifiziert sich – ganz ehrlich – auch nicht mehr so sehr mit seinem Job. Vielleicht, weil er im Mittelmanagement tätig ist und es niemandem Recht machen kann. Sein Chef schreit, die Mitarbeitern stöhnen. So macht Arbeit keinen Spaß!

 

"Workiga" – Aktivisten für frustrierte Führungskräfte
Wenn Sie diese Kolumne schon länger lesen, wissen Sie, dass ich zu den unverbesserlichen Optimisten gehöre, die glauben, dass wir unser Schicksal selbst in der Hand haben und vieles zum Besseren verändern können. Klar könnte ich Ihnen immer montags erzählen, was für unglaubliche Dinge ich als Führungskraft erlebt habe. Mit Lästern, Hetzen und Stöhnen könnte ich den Nerv meiner Leser treffen, die Reichweite dieser Kolumne blitzartig in die Höhe treiben und im nächsten Schritt eine "Workiga-Bewegung" starten. Also, so eine Art Pegida für frustrierte Führungskräfte.

 

Doch ich halte nichts davon, sich nur die Wunden zu lecken und Opfer zu sein. Das ist weit unter unserem Leadership-Niveau. Gerade als Führungskraft haben wir die Chance, vieles zu verändern. Wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen und unsere Mitarbeiter durch Transparenz, Zuhören, Verständnis und Anerkennung davon überzeugen mitzuziehen.

In dem ganz hervorragenden "Harvard Business Manager"-Sonderheft Change Management. Wie agilen Unternehmen der Neustart gelingt hat mich der syndizierte Gastbeitrag "Bitte recht freundlich" von Gary Hamel, Autor einiger Business Intelligenz Bücher und Leiter der Internetplattform The Management Innovation eXchange (MIX), ganz besonders berührt – ein offenes digitales Innovationsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, Management für das 21. Jahrhundert neu zu erfinden.

 

Deprimierte Mitarbeiter
Hamel beschreibt auf mehreren Seiten, warum für den Gesundheitsdienstleister Lakelandcare, der rund 4.000 Mitarbeiter im Südwesten von Michigan beschäftigt und einen Jahresumsatz von knapp 500 Millionen Dollar vorzuweisen hat, ein leidenschaftliches Engagement aller Beteiligten für das Gelingen von Innovation wesentlich ist. In der beschriebenen Region leben hauptsächlich Menschen, die weniger verdienen als der amerikanische Durchschnitt, aber überdurchschnittlich häufig chronisch krank sind. Für einen auf maximalen Gewinn zielenden Gesundheitsdienstleister, der Krankenhäuser betreibt und Ärzte unter Vertrag hat, ein eher schwieriges Geschäftsumfeld.

Als ein neuer CEO antritt, stellt er schnell fest, dass die Patientenzufriedenheit von unter 50 Prozent deutlich unter den Zielwerten liegt, die die zuständige Behörde erwartet. Dieses Ergebnis ist deshalb wirtschaftlich relevant, weil der Staat es sich vorbehält, Krankenhäuser, deren Bewertung unter eine bestimmte Punktzahl fällt, mit geringeren Erstattungssätzen zu bestrafen. Dass das nicht nur den neuen Chef deprimiert, sondern vor allem auch die Mitarbeiter, die unter dem schlechten Ruf von Lakeland leiden und nicht gerade mit einem Lächeln auf den Lippen ihre Behandlungen durchführen, ist nicht verwunderlich.

 

Mitarbeiter überzeugen, menschlicher zu agieren
Als der neue Chef über kostenneutrale Maßnahmen nachdenkt, mit denen die Gesundheitsversorgung für die Patienten angenehmer gestaltet werden könnten, kommt ihm eine Idee: Die Mitarbeiter sollten künftig nicht nur ihre fachliche Expertise einbringen, sondern die Betreuung ihrer Patienten zu einer Herzensangelegenheit machen. Denn je freundlicher Patienten behandelt werden, desto positiver sind anschließend die Bewertungen.

Schöner Plan. Doch wie will man Mitarbeiter davon überzeugen, menschlich zu agieren, wenn sie ihr Arbeitsumfeld selbst als stressig und unmenschlich erleben? Im Artikel beschreibt Hamel anschaulich, wie schwierig es anfänglich war, die Teams zu menschlichem Verhalten zu motivieren. Als sich die ersten Erfolge einstellen und erste Geschichten über herzliche Begegnungen von Personal und Patienten die Runde machen, überlegt der CEO, wie er sich bei seinen Mitarbeitern bedanken kann.

Er veranlasste, dass jedes Mal, wenn ein Mitarbeiter sich mit einer freundlichen Situation oder persönlichen Geste hervortat, kurz darauf ein Krankenhaus-Manager zu dem besagten Mitarbeiter ging, um sich für diese Leistung persönlich und in Gegenwart der Kollegen herzlich zu bedanken. Bereits nach 90 Tagen waren 95 Prozent der Patienten mit den Leistungen von Lakelandcare zufrieden. Das erste Mal! Und weil die Patienten nun entspannter waren und mehr Glückshormone ausschütteten, führten die Behandlungen zu besseren Resultaten, was nicht nur die Patienten sondern auch die Mitarbeiter zufriedener machte.

 

Valentinstag für Mitarbeiter
Am Schluss seines Artikels zitiert der Autor Max Weber, der schon vor über einhundert Jahren beklagte, dass die von zunehmender Rationalisierung und Intellektualisierung geprägte Moderne eine "Entzauberung der Welt" zur Folge habe. Heute gilt diese Beobachtung mehr denn je. Wir planen, kontrollieren, messen – und bewerten Menschen wie Produktionsmittel. Wer funktioniert, den gewünschten Output liefert und keine dummen Fragen stellt, ist erwünscht. Viele der anderen machen sich selbstständig oder gehen in die betriebsbedingte innere Emigration. Und nun?

Der Valentinstag wäre so ein Tag, an dem man als Chef seine Mitarbeiter wertschätzen könnte. Ihnen dafür zu danken, dass sie (noch) da sind, dass sie weiterhin mitspielen und nicht aufgeben.

In diesem Jahr hatten Sie Glück: Der Tag der Liebe fiel auf einen Sonntag. Aber im nächsten Jahr sind Sie vorbereitet. Okay?

 

Bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt Thank God, it's Leadership Monday!

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Buuuh!

Ohne Schock kein Wandel. Oder: Wahrheit braucht Zeit.

8. Februar 2016

Immer, wenn ich darüber nachdenke, wer mutig in der Führung ist, fallen in erster Linie Menschen ein, die keine klassischen CEOs, geschäftsführende Gesellschafter oder Firmeninhaber sind.

 

"Ich setze auf Dialog." Sie wissen, wer diese Worte am Wochenende gesagt hat? Ja, genau, die ZDF-Journalistin Dunja Hayali. In ihrer Dankesrede für die Goldene Kamera in der Kategorie "Beste Information". Was hat das denn mit "Digital Leadership" zu tun, fragen Sie sich jetzt vielleicht? Tja, das ging mir auch so. Aber irgendwie geht sie mir nicht aus dem Sinn. Also versuche ich es mal mit einer Antwort.

Sie erinnern sich an meine Lieblingsstudie Disruptors: Five Characteristics That Differentiate Transformational Leaders, die fünf Kriterien als Erfolgsfaktoren identifiziert. Ein Digital Leader ist disruptiv, innovativ, mutig in der Führung, sozial hochkompetent und entschlossen.

Immer, wenn ich darüber nachdenke, wer mutig in der Führung ist, fallen mir in erster Linie Menschen ein, die keine klassischen CEOs, Geschäftsführende Gesellschafter oder Firmeninhaber sind. Natürlich weiß ich, dass es sie gibt. Und sollten Sie so eine_r sein, melden Sie sich bitte umgehend bei mir! Nein, für mich sind das Menschen wie unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Dunja Hayali.

 

Wie mit Menschen umgehen, die durch den digitalen Wandel in Panik geraten?
Sie haben Glück, dass die ZDF-Moderatorin gestern diesen eigentlich ja recht unpolitischen Medienpreis gewonnen hat. Denn sonst hätte ich Ihnen an dieser Stelle aus rein organisationsprozessualer Sicht hergeleitet, warum Frau Merkel in großen Teilen ein Digital Leader ist – und an manchen Stellen eben nicht. Und welche Konsequenzen das für die Bundesrepublik Deutschland hat bzw. haben könnte. Und als ich das Ganze so gedanklich durchgespielt hatte, fiel mir auf, dass ich eines nicht auf der Rechnung hatte. Diese Stakeholder – das ist ein Fachbegriff aus der Kommunikation für Beteiligte –, die man mit dem gesunden Menschenverstand gar nicht mehr erreichen kann. Die in ihren Ängsten so sehr gefangen sind, dass sie lieber an Verschwörungstheorien glauben als sich mit den komplexen und eben nicht so leicht zu lösenden Fragestellungen der Realität auseinanderzusetzen.

Das Phänomen der Echokammern, dem kürzlich eine wissenschaftliche Studie gewidmet worden ist, hat Wissensredakteur Sebastian Herrmann bei Süddeutsche Online anschaulich beschrieben. Und an diesem Punkt stellte ich mir vor einigen Tagen die Frage: Wie man wohl mit Menschen in Unternehmen umgeht, die durch den digitalen Wandel in Panik geraten und Gefahr laufen, alles kaputt zu machen? Sie merken schon, wir sind beim Kriterium "mutig in der Führung" angelangt.

 

Was soll mit Führungskräften und Mitarbeitern gesehen, die sich dem Change-Prozess widersetzen?
Mutig in der Führung bedeutet für mich, unbeirrt an einer Vision oder einem visionären Unternehmensziel festzuhalten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es Menschen gibt, denen das leichtfällt, mutig in die Zukunft zu gehen und Veränderungen auf den Weg zu bringen. Das heißt aber nicht, dass sie immer in der Lage sind, die Menschen um sie herum so zu motivieren, dass sie bereit sind, mitzugehen. Doch wer sich wie bei Star Trek mutig ins Dunkle wagt, um fremden Galaxien entgegenzugehen, der braucht eine zuverlässige Mannschaft, ein eingeschworenes Team. Was, wenn dem nicht so ist?

John P. Kotter, Change-Experte und Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, hat einen 8-Step-Process for Leading Change entwickelt, die Basis seiner Beratung für Veränderungsprozesse in Unternehmen. Doch ich frage mich, was mit Führungskräften und Mitarbeitern geschehen soll, die die Notwendigkeit zur Veränderung nicht einsehen und sich dem Change-Prozess widersetzen. Entlassen? Kann man machen, muss man aber nicht? Wie kann ich diese überzeugen? Hier kommt das Kriterium des Digital Leadership ins Spiel, das in der oft zitierten Studie mit "sozial hochkompetent" überschrieben wurde. Der Chef sollte einen Weg finden, sein Team zu überzeugen. Durch Wertschätzung, Freiraum und Anerkennung sowie Kommunikation auf Augenhöhe. Aber sicherlich auch überzeugend sein durch Erfolge, die er bereits erzielt hat, durch Zuverlässigkeit und mutiges Leadership.

 

Hayali ist ein Vorbild, weil sie auf den Dialog setzt
Eine solche Persönlichkeit ist in meinen Augen Dunja Hayali. Ihr bewundernswerter Mut, ihre unglaubliche Geduld mit Andersdenkenden, vor allem aber ihre rigorose Konsequenz gegenüber denen, die Grenzen überschreiten, sollte bei Managern Schule machen. Sie kämpft um die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Berichterstattung, aber auch für Respekt und Offenheit Menschen gegenüber, die anders sind als sie. Hayali ist ein Vorbild, weil sie auf den Dialog setzt, was mühsam ist, Zeit kostet und so schmerzhaft sein kann, dass es an manchen Tagen sicherlich kaum auszuhalten ist. Sie argumentiert sachlich, ist aber als Mensch herrlich unkompliziert und emotional. Und weil sie so unendlich mutig ist, ist sie ein Vorbild – für andere Journalisten, für Führungskräfte und für ganz normale Menschen wie mich.

Ich verneige mich vor Dunja Hayali! Vor ihrem Chef Thomas Fuhrmann, der wie ich einst für Studio 21/Frontal gearbeitet hat, vor ihrem Team und vor allen, die sie unterstützen. Denn Mut und Haltung werden wir brauchen, um diese Organisation Bundesrepublik Deutschland für die Zukunft aufzustellen als einen lebenswerten, offenen Ort. Wir sind aufgefordert, ihre Werte wieder zu erkennen und zu verteidigen, gegen verzweifelte und ängstliche Menschen, die hasserfüllt sind und keine Lösungen bieten.

Wie Dunja in ihrer Dankesrede sagt: "Wahrheit braucht Zeit."

 

Seien Sie mutig. Es lohnt sich. In diesem Sinne sage ich leise, wie zu mir selbst, Thank God, it's Leadership Monday!

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Zu dumm.

Zu hässlich. Manipuliert – eine Radikalkritik

1. Februar 2016 

Wer sind wir? Und warum brauchen wir die anderen, auch wenn das, was sie tun, uns gar nicht gefällt? Weil wir nur dann glücklich sind und gut arbeiten können, wenn wir im "Flow" sind.

Ich weiß ja nicht, ob es Sie interessiert, aber vor einigen Tagen habe ich meinen ersten Leserbrief zu dieser Kolumne bekommen. Der Absender schreibt: "Ich bin eher zufällig über Ihre Kolumnen gestolpert. Eine äußerst treffende und realitätsnahe Beschreibung der Themen." Yay! Es gibt tatsächlich Menschen, die meine in Worte gefassten Gedanken lesen. Gern lesen sogar.

Meine Freude über das Feedback führt mich zu meinem aktuellen Thema. Wer sind wir? Und warum brauchen wir die anderen, auch wenn das, was sie tun, uns gar nicht gefällt? Professor Gerald Hüther, Leiter der Zentralstelle für neurobiologische Präventionsforschung an der Universität Göttingen, formuliert das so: "Man wüsste nicht, wer man ist, wenn man sich nicht vergleichen kann." Okay. Und was hat das jetzt mit Digital Leadership zu tun, denken Sie jetzt vielleicht. Vertrauen Sie mir und lesen Sie weiter – ich werde Ihre kostbare Zeit nicht vergeuden.

 

Sich etwas erstudieren
Hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich eine Vorlesung über "Soft Skills und Leadership" gebe, für junge Erwachsene, die sich berufsbegleitend ihren Master-Abschluss erstudieren? Und obwohl es das Wort "erstudieren" nicht gibt, verwende ich es doch mit Absicht. Denn "sich etwas erstudieren" definiere ich anlog zu "sich etwas erarbeiten": Sich etwas mühevoll erschließen, mit dem Einsatz von Willenskraft, Ideenreichtum in der Arbeitsorganisation und durch Umdenken etwas eigens schaffen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie kompliziert das ist.

Da steht diese "Professorin" (nach meiner Erfahrung sind Lehrbeauftragte in der Uni-Hierarchie maximal "Hilfsprofessoren") und erwartet, dass sich die Studierenden ein Thema auswählen, dass sie interessiert und sie in ihrem beruflichen Alltag weiter bringt. Entweder als junge Führungskraft oder im Umgang mit ihren "Chefs aus der Hölle". Wie viele E-Mailwechsel wir führen und Offline-Dialoge vor Ort nötig sind, bis jede/r sein/ihr Thema gefunden hat, es wissenschaftlich aufbereiten kann, auch wenn es noch nicht viele bzw. aussagefähige Forschungsergebnissee dazu geben sollte. Sich traut, es selbstbewusst und mit Überzeugung vor Kommilitonen zu präsentieren. Und dann, Sie glauben es nicht, ist die Vorlesung rappelvoll. Alle sind da (auch wenn ihnen gerade gekündigt wurde oder die Ehefrau kurz vor der Entbindung steht), um zu hören, was Laura, Tobias, Angelo und Kristina vorzutragen haben. Und wie kreativ manche sind bei der Weitergabe ihrer Erkenntnisse, wie lebhaft sie die anschließenden Diskussionen vorantreiben. Die selben Studierenden, die sich sonst freuen, wenn sie nach einem langen Arbeitstag mal etwas früher von der Vorlesung nach Hause zu kommen, vergessen die Zeit. Einmal musste uns gar der Hausmeister freundlich bitten, den Raum zu verlassen. An einem Freitagabend kurz vor 22 Uhr!

Läuft bei dir!
Warum ich das schreibe? Weil wir nur dann glücklich sind und gut arbeiten können, wenn wir im "Flow" sind. "Flow" ist ein moderner englischer Begriff, der eine Situation beschreibt, in der wir mit uns zufrieden sind, uns geradezu glücklich fühlen. Wenn uns das, was wir tun, mit so viel Leidenschaft erfüllt, dass wir Raum und Zeit vergessen. Eben dann, wenn andere zu recht sagen: "Läuft bei dir!" Einer der Studierenden sagte kürzlich: "Wenn man das mit der Führung begriffen hat, hat man das Leben verstanden."

Flow kommt nicht oft vor in unserem Leben. Und schon gar nicht in unserer Arbeitswelt. Flow kann man nicht kaufen, nicht mit Titel und Status erwerben oder gar verordnen. So wie eine Führungskraft auch nicht ansagen kann: "Jetzt sei mal zufrieden und lächle!"

 

Keep smiling!
Ich weiß das deshalb so genau, weil ich vor vielen Jahren einen Workshop für Mitarbeiter eines Vergnügungsparks gegeben habe, in dem ich ihnen beibringen sollte, freundlicher zu gucken. "Keep smiling!" nennen die Amerikaner das. Doch was ist, wenn Menschen aus ihrer Sicht nichts zu lachen haben? Wenn sie sich als Saisonkräfte schlecht bezahlt fühlen, vom Arbeitgeber zu wenig gesehen, geschweige denn anerkannt? Wir haben in dem Seminar darüber gesprochen, später auch mit dem Arbeitgeber, der es tatsächlich gut mit seinen Mitarbeitern meinte. Die Wahrnehmung seiner Leute hat ihn sehr nachdenklich gestimmt hat. Wir in Deutschland haben es nicht so mit Lob und Anerkennung.

Als Chefs fühlen wir uns vor allem wichtig, wenn wir Ansagen machen, kritisieren können und alles besser wissen. Und die regelmäßigen Leser dieser Kolumne wissen es bereits: So sollte das beim Digital Leader gar auf keinen Fall sein. Digital Leader sind disruptiv, innovativ, visionär, sozial hoch kompetent und entschlossen. Doch warum ist es dann so schwer für uns, Individualität wertzuschätzen, für andere das Beste zu wollen, uns über ihre Erfolge und Sichtbarkeit mitzufreuen – kurz: Menschen in ihrem Flow auszuhalten?

 

Freude am Entdecken und Gestalten
Der eingangs erwähnte Neurobiologe und Hirnforscher Gerald Hüther hat aus seiner wissenschaftlichen Arbeit – aus meiner Sicht – überraschende Erkenntnisse abgeleitet: Hier erfahren Sie mehr über seine aktuelle Radikalkritik an Schule und Gesellschaft.

Seine These: Die Freude am Entdecken und Gestalten wird jedem Kind von Geburt an mitgegeben. Dabei ist das Lernen ein lebendiger Prozess, der in Beziehung zu anderen Menschen stattfindet. Irgendwann wird diese intrinsische Lust am Lernen gebrochen, das Kind wird zum Produkt der elterlichen und gesellschaftlichen Erwartungen. In dieser Phase spürt es, dass es nicht richtig ist.

 

Befinden sich unsere Unternehmen tatsächlich im Krieg?
In Hüthers Theorie ist es kein Subjekt mehr, es wird als Objekt behandelt. Jetzt fragt sich das Kind: Wie komme ich hier wieder raus? Wie kann ich mich wieder verstehen und eine Beziehung zu anderen aufbauen? Da gibt es zwei Lösungen: Das Kind, dass sich wehrt und "blöde Mama!" sagt, wird selbst manipulativ, in dem es der Mutter zeigt, dass es besser ist als sie. Andere Kinder kommen aus der Nummer raus, in dem sie sagen "okay, ich bin dumm" oder "ich bin hässlich" und damit die zugewiesene Rolle des Objekts annehmen.

Das heiß, unser gesellschaftliches Beziehungsmuster besteht darin, dass wir selbst oder andere uns auf ein Objekt reduzieren. Diese Funktion ist relevant, wenn eine Gesellschaft bedroht wird. Wenn sie sich beispielweise im Krieg befindet und es sich somit nicht leisten kann, dass jemand ausschert und anders reagiert als die Masse. Doch ist das heute noch so? Befinden sich unsere Unternehmen tatsächlich im Krieg? Müssen wir schon in Kindergarten und Schule selektieren, wer als Arbeitssoldat tauglich ist – und wer nicht? Nach welchen Kriterien wählen wir überhaupt aus? Nach Hautfarbe, Herkunft und Habe?

 

Menschen in ihre Größe bringen
Zum Glück gibt es zunehmend mehr Menschen, die das eingeschränkte Lebenskonzept von der ständigen Angst vor Abwertung und der Bedrohung vom gesellschaftlichen Ausschluss nicht mehr akzeptieren mögen. Eltern, die ihre Kinder alternativ lernen lassen. Unternehmen, die, wie zum Beispiel die Deutsche Bahn, sich bei Einstellungsverfahren Menschen ansehen und nicht Schulnoten. Organisatoren einer Social Media Week, von Barcamps und Meetups, die Menschen dabei unterstützen, ihr Potential zu heben und mit dem, was sie können und begeistert, sichtbar zu werden. Auch dafür steht Diversity. Für eine Vielfalt, die dem Menschen an sich gerecht wird, die sie anregt, Neues zu wagen und nach vorne zu sehen. Überall heißt es, unsere Wirtschaft benötigt engagierte Mitarbeiter, die kreativ sind, die Verantwortung übernehmen und freundlich sein können. Doch das machen sie nur, wenn es ihnen gut geht.

Also, sehr verehrte Leserinnen und Leser, Schluss mit dem Chef aus der Hölle! Versuchen Sie mal, Menschen in ihre Größe zu bringen. Nehmen Sie jeden einzelnen Ihrer Mitarbeiter wahr. Entdecken Sie nur eine einzige, klitzekleine Sache, die diese Person liebenswert macht und mit der sie Ihren Respekt verdient. Inspirieren Sie sie, erfreuen Sie sich am Erfolg und dem Glück Ihrer Mitarbeiter. Und wenn Sie es auch nur eine Woche ausprobieren, sind Sie mein Held.

 

Machen Sie's (wieder) gut. Bis es wieder heißt: Thank God, it's Leadership Monday.

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Hilfe.

Über Disruption. Und Dinosaurier.

25. Januar 2016 

Wenn ich die Beiträge dieser Kolumne mit "Mein ABC für Ihren Digitalen Wandel" überschrieben hätte, könnte ich sagen, dass wir am letzten Montag beim Buchstaben D angekommen sind. D wie #DLD16, #Diversity oder #Disruption.

"Wer heute noch die (jungen) Unternehmensgründer, die teilweise die Logistik [Tipp der Kolumnistin: Setzen Sie hier Ihre Branche ein!] und ihre Prozesse völlig neu erfinden, als Kinderkram abtut oder sogar als Konkurrenz bekämpft, sei gewarnt. Die allgegenwärtige 'Disruption' macht auch vor grundsoliden, traditionellen Betrieben nicht halt. Disruption bedeutet Revolution. Eine neue Idee ändert auf einen Schlag alles. Alte Firmen gehen unter, neue tauchen auf und nehmen sich alles. Im Zweifel kommen diese Eroberer in der Person von Tellerwäschern oder Nerds, die in der Garage von Papa herumwerkeln, daher."

Diese wunderbaren Worte hätten von mir sein können. Sind sie aber nicht. Ihr Schöpfer heißt Harald Ehren, einst Wirtschaftsredakteur bei FTD, FAZ und manager magazin, seit kurzem Chefredakteur des Logistik-Fachblattes Deutsche Verkehrszeitung (DVZ).

Ehren hat es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht, seine Jungs beim Verkehr zu stören, wenn er schreibt: "Es sind aber nicht die Verbände in der Pflicht. Dringender Handlungsbedarf liegt bei den Eigentümern, Managern und Geschäftsführern der etablierten Firmen, die früher teilweise selbst 'Absolute Beginner', also Start-ups, waren. Haben sie die Mühen und Überlebenskämpfe der Anfangszeit vergessen? So oder so sind sie gezwungen, noch vielmehr ihr Geschäftsmodell zu hinterfragen und sich dabei von Start-ups inspirieren zu lassen. Sie sollten das Momentum nutzen und als Investoren agieren."

 

Pass dich an. Oder stirb langsam.
Starker Tobak. Und das vom obersten Schreiberling einer Branche, die gern als langweilig und verstaubt belächelt wird. Ehren warnt vor der Revolution, die ihre Kinder frisst. "Alte Firmen gehen unter, neue tauchen auf und nehmen alles" – bedrohlicher als die DVZ hätte die Bild-Zeitung der 1990er Jahre auch nicht titeln können. Pass dich an. Oder stirb langsam. So wie die Dinosaurier. Die immer trauriger wurden, weil – das wissen wir seit Lonzo (1980) – nicht an Bord der Arche Noah passten.

Disruption also. Disruption heißt "Zerstörung" oder "Unterbrechung". In der Technologie steht der Begriff für neue Entwicklungen oder Produkte, die unerwartet auf den Markt gebracht werden, oft noch nicht ausgereift sind und erst einmal für den Kunden als uninteressant erscheinen. Wenn sie kontinuierlich weiterentwickelt werden und Vorteile gegenüber bekannten, aber veralteten Produkten aufweisen, haben sie das Potential, die Marktführerschaft zu erlangen. Disruptiv waren Autos (vs. Pferdewagen), Personalcomputer (vs. Schreibmaschine) oder Steaming-Dienste.

 

Disruptiv sein ist heute auch bei Entscheidern gefragt
Sie erinnern sich sicher an meine Lieblingsstudie Disruptors: Five Characteristics That Differentiate Transformational Leaders der Personalberatung Russel Reynolds, in der diese fünf Kriterien als Erfolgsfaktoren für Digital Leadership identifiziert worden sind: disruptiv und innovativ sein, mutig in der Führung, sozial hoch kompetent und entschlossen.

Unter "disruptiv in der Führung" verstehe ich beispielsweise, Bewährtes auf den Prüfstand zu stellen. Jeder Produktionsprozess, jede Stellenbeschreibung und jede Form der Zusammenarbeit sollte neu gedacht werden (Ist das wichtig oder kann das weg?). Vereinfachung, Reduktion, Kaizen, aber auch Werteorientierung und Nachhaltigkeit sind Stichworte zum disruptiven Führen. In Konzernen und von QM-Prozessen getriebenen, schwerfällig agierenden Unternehmen, bedeutet Disruption in der Führung auch, unternehmerisch zu denken und in den digitalen Wandels zu investieren. Und wer die Veränderung inhouse nicht schafft, kauft sich Innovation und Disruption ein und investiert in ein passendes Start-up, rät Chefratgeber Harald Ehren seinen Logistikern.

 

Niemand ist vor der Disruption gefeit
Das machen ja auch die TV-Löwen so. Und Gisbert Rühl, Vorstandschef des Duisburger Stahlhändler Klöckner & Co SE. Wie er Holger Schmidt, dem FOCUS-Chefkorrespondent für digitale Wirtschaft, in einem Interview auf dessen Privat-Blog Netzökonom verrät, ist auch CEO Rühl fest davon überzeugt: "Keine Industrie ist vor der Disruption gefeit".

Was Rühl beschreibt, deckt sich mit all den Change-Theorien von Kotter & Co.: Eine Branche, eine Industrie oder ein Unternehmen muss erst einmal richtig unter Druck stehen und spüren, das Veränderungen nötig sind, bevor es sich in Richtung Zukunft bewegen kann. Im lesenswerten Interview mit Schmidt sagt der moderne Stahlbaron: "Das Bewusstsein in der Belegschaft, dass sich etwas verändern muss, hilft. Ich habe meinen Mitarbeitern auf der einen Seite ungeschminkt aufgezeigt, dass unser altes Geschäftsmodell in Teilen nicht mehr funktioniert. Auf der anderen Seite habe ich aber auch klargemacht, dass für den digitalen Vorreiter einer Branche große Chancen bestehen, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und Marktanteile hinzuzugewinnen. Das sollte Ansporn genug sein."

Und weiter über Disruption: "Ich kenne kein Unternehmen, das sich von innen heraus selbst 'disruptet' hat. Es geht nur mit ausgelagerten Einheiten. Das Ergebnis muss dann aber nach innen transformiert werden, ohne dass das die Organisation auseinander bricht. Das ist dann die echte Management-Aufgabe."

 

Der Mix ist das richtige Rezept
Klöckner hat in Berlin eine Digitaleinheit aufgebaut, in der die neuen Mitarbeiter, die von Amazon, Ebay, Rocket Internet kommen oder in Start-ups, die vom Duisburger Stahlhändler finanziert werden, disrupten. Dazu Rühl: "Wir brauchen auf der einen Seite weiterhin bewährte Kräfte, die unsere Industrie kennen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Mitarbeiter eingestellt, die die Digitalisierungsexpertise einbringen und helfen, die Stahldistribution aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Dieser Mix scheint das richtige Rezept zu sein - darauf deuten zumindest die erfreulichen Fortschritte hin, die wir bei der digitalen Transformation zuletzt erzielt haben."

Am besten gefällt mir aber der Satz im Schmidt-Gespräch, der zeigt, dass der Klöckner-Chef ein wahrer digital Leader ist, der entschlossen nach vorn schreitet und keine Angst davor hat, dass die Revolution ihre eigenen Kinder frisst: "Ich selbst bin jetzt 56 Jahre alt. Noch bin ich (der) Treiber des Wandels."

Ganz ehrlich: Das imponiert mir sehr. Ich wünsche uns mehr Entscheider in Deutschland, die sagen "Wir schaffen das" – in der Wirtschaft. Und in der Politik.

 

Also, denken Sie disruptiv. Und machen Sie's gut. Bis es wieder heißt: Thank God, it's Leadership Monday.

Ihre Christiane Brandes-Visbeck


Bunt.

Diversity. Rechnet sich das?

18. Januar 2016

So, meine (Damen und) Herren, ich habe Sie in dieser Kolumne bisher mit allen unangenehmen Themen verschont. Doch Ihnen war schon klar, dass der Tag kommen wird, an dem ich – als Frau sozusagen – mal etwas über "Diversity" schreiben werde, oder?

 

Achtung Spoiler: Es wird Sie interessieren. Denn was Sie jetzt erfahren, wird sie nicht nur zu einem besseren Menschen machen, sondern auch geschäftlich zu einem erfolgreichen Digital Leader. Bringen wir's hinter uns.

Haben Sie zufällig Mitte der Woche dieses Interview im Handelsblatt (mit Digitalpass, sonst auf Blende) gelesen, in dem "zwei der führenden Journalistinnen Europas" über Flüchtlingspolitik, die Lehrer aus der Finanzkrise und die Rolle der Medien in der digitalen Welt sprechen? Die beiden Damen heißen Miriam Meckel und Zanny Minton Beddoes. Die eine ist Chefredakteurin der Wirtschaftswoche, die andere vom britischen Wirtschaftsmagazins Economist.

 

Who is Who der westlichen Medienwelt trifft sich auf DLD
Das Timing der Veröffentlichung ist gut gewählt, denn gestern startete die "Digital Life Design"-Konferenz in München, vom Zeichner Peter Buhlo Böhling auf Twitter liebevoll-respektlos als "Burdas dreitägige Internetparty" beschrieben (der DLD können Sie auf Twitter unter dem Hashtag #dld16 folgen).

Auf dieser DLD-Konferenz trifft sich das Who is Who der westlichen Medienwelt. Klar, dass man sich im Vorfeld öffentlich mit intelligenten Äußerungen positioniert. Aber unabhängig davon, dass die Arbeitgeber von Meckel und Beddoes die Kunst des intelligenten Personal Brandings verstehen, ist das Interview absolut LESENSWERT.

 

Antworten zur Medienkrise
Warum? Weil es kluge Analyse zu den brennenden Themen unser Zeit beinhaltet. Weil Meckel und Beddoes es verstehen, auch bei schwierigen Sachverhalten sachlich zu bleiben und interessante Fragen stellen. Sie sehen trotz der großen Herausforderungen unserer Zeit nicht schwarz, sondern sie geben intelligente und lösungsorientierte Antworten. Am Besten gefallen mir die Antworten zur Medienkrise.

Garbor Steingart: "Sie beide hören sich erfreulich optimistisch an. Ist der Ausdruck 'Medienkrise' für das, was wir gerade erleben, überhaupt der richtige Terminus?"

Minton Beddoes: "Wir erleben eine Zeit von enormer kreativer Zerrissenheit; es gibt Angst vor dem Neuen und daneben die wilde Neugier, alles auszuprobieren. In meinen Augen bietet die digitale Revolution unterm Strich mehr Gelegenheiten als Bedrohungen."

Meckel: "Wir durchleben keine Krise, sondern eine Transformation. Solche Entwicklungen hat es schon während der letzten Jahrhunderte gegeben, und jetzt passiert es wieder. Wer mutig und kreativ ist, wird Erfolg haben und neue Wege zu den Leserinnen und den Nutzern finden. Wer verzagt reagiert, hat schon verloren."

 

Digitale Führungskräfte sehen positiv in die Zukunft
Damit sind wir wieder bei dem Thema unserer Kolumne angekommen: Digital Leadership. Eine digitale Führungskraft sieht positiv in die Zukunft und betrachtet die Herausforderungen der digitalen Transformation als eine Chance, sich auf Veränderungen einzustellen und mittels innovativer Produkte im Geschäft zu bleiben.

Jeder Entscheider, der in der heutigen Zeit Rendite orientiert denkt, muss laut der Studie "Productive Disruptors: Five Characteristics That Differentiate Transformational Leaders" der Personalberatung Russel Reynolds diese fünf Kriterien leben: disruptiv und innovativ sein, mutig in der Führung, sozial hoch kompetent und entschlossen.

Aus meiner Sicht war es richtig, dass die Wirtschaftswoche mit Miriam Meckel eine Frau in die Chefredaktion berufen hat, die mutig ist, Entschlossenheit zeigt, nach vorn zu gehen und Herausforderungen anzunehmen, die auf jeden Fall Innovationen zulässt, vielleicht auch wenig Disruption. In ihrem Interview zeigt sie Mut in der Führung. Doch was "sozial hoch kompetent" angeht, vermag ich nichts über Frau Meckel zu sagen.

 

Diversity rechnet sich
Bei dem Stichwort fällt mir sofort Donna Carpenter ein, CEO beim Snowboardhersteller Burton. Sozial kompetent bedeutet unter anderem, Unterschiede im menschlichen Sein zuzulassen. Wie Teresa Bücker, Chefredakteurin von Edition f, dem "digitalen Zuhause für Frauen, die mehr wollen – im Job und im Leben", in einem informativen Interview mit Carpenter herausstellt, ist "Diversity" DIE disruptive Voraussetzung für Innovation und Mitarbeiterzufriedenheit. Erst als Burton "Diversity"-Management zum Kernthema der Unternehmensführung erklärte und deshalb nach und nach ausreichend viele Führungspositionen mit Frauen bekleidete, setze sich das Managementteam für flexiblere Arbeitszeiten, vom Unternehmen bezahlte Kinderbetreuung, Elternzeit für Väter und ein Mentoringsystem für den Nachwuchs ein – alles Maßnahmen, von denen auch männliche Führungskräfte der Generation Y gern profitieren.

Und "Diversity" rechnet sich, so Bücker: "Donna hat bei Burton einen Bottom-up-Ansatz umgesetzt und tatsächlich möglichst viele Mitarbeiterinnen dauerhaft eingebunden, um das Unternehmen diverser zu machen. Sie hat die Erfolge direkt messbar machen können und gezeigt, dass Diversität sich auszahlt."

 

 

Noch Fragen, die Damen und Herren? Kommentare sind herzlich willkommen. Schreiben Sie mir.

Und vielen Dank, dass Sie dabei geblieben sind.

 

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday!

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Innovativ denken.

Löwe werden. Und angreifen.

11. Januar 2016

Staub abschütteln. Neues wagen. Geht auch als Chef. Das war Thema meiner letzten Kolumne. Und als ob das Universum mitgelesen hätte, wurde ein paar Tage später bekannt, welcher Unternehmer neuer Juror wird bei der TV-Sendung "Die Höhle des Löwen".

 

Neuer Juror der Start-up-Show wird einer, über man im Netz kaum Informationen findet, und dessen Handelsfirma bis vor kurzem ausserhalb der Öffentlichkeit Geschäfte machte. Wow. Das ist echtes "Staub abschütteln". Sehr mutig. Und unternehmerisch vielleicht richtig genial.

Ob WirtschaftWoche-Gründer, Gründerszene, Hamburg Startups oder t3n – sie alle brachten die Nachricht am vergangenen Donnerstag: Tadaa, der erste Nachfolger für die ausgestiegenen Juroren Lencke Steiner und Vural Öger steht fest. Er heißt Ralf Dümmel und ist Geschäftsführer des Handelshauses DS Produkte GmbH.

"Who the fuck is Ralf Dümmel?" wird sich der interessierte Leser gefragt haben und "Müsste ich diese DS Produkte GmbH eigentlich kennen?" Jetzt schon, wenn Sie im Büro über die umstrittene Start-up-Show mitreden wollen.

 

Eine "Vertriebs-Geheimwaffe" mit einem Umsatz von 250 Millionen Euro
Die DS Produkte GmbH ist ein unauffälliges, aber überaus ertragreiches Handelshaus im Speckgürtel Hamburgs, das in den letzten fünf Jahrzehnten ein europaweites Netzwerk aus über 40.000 Filialen aufgebaut hat. Es beliefert Handelspartner wie Netto, Rossmann oder Saturn regelmäßig mit rund 4.000 Gebrauchs- und Konsumgüterartikel. Sie heißen Tritop, CLEANmaxx, BRATmaxx oder Watermaxx und werden auch im Hause entwickelt.

Auf dem Blog von Hamburg Startups wird das Familienunternehmen als eine "Vertriebs-Geheimwaffe" bezeichnet, die im Jahr 2015 einen Umsatz von 250 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Die persönlichen Daten des geschäftsführenden Gesellschafters Ralf Dümmel klingen so gediegen wie die Firma: 49 Jahre alt, 28 Jahre Erfahrung in der Handelsbranche, alles von der Pike auf gelernt. Heute weiß der Vollblutunternehmer alles über europäische Märkte und Vertriebsstrukturen, kennt Asien wie seine Westentasche. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern und als begeisterter Fußballfan beim Regionalligisten VfB Lübeck im Aufsichtsrat aktiv.

 

Mr. Noname freut sich auf seinen Fame als Löwe
Doch dann gibt es auch Informationen über den hanseatischen Kaufmann, die uns aufhorchen lassen: Ralf Dümmel hatte schon immer Spaß an Innovationen. Er sieht gut aus und kommt offensichtlich sehr gut mit Menschen aller Art zurecht. Er kalkuliert hart, handelt entschlossen und bringt neue Produkte schnell auf den Markt. Er ist disruptiv. Hat eine Beteiligungsfirma gegründet, mir der er in innovative Start-ups investieren möchte. Und er handelt disruptiv. Mr. Noname freut sich auf seinen Fame als Löwe! Damit sind auf den ersten Blick so ziemlich alle Kriterien erfüllt, die ein Unternehmenslenker benötigt, um die digitale Transformation zu meistern. Und so wird aus einem Kaufmann aus Storman plötzlich ein "Digital Leader".

Sie glauben mir nicht? Gut, dann lesen sie selbst, was der zukünftige Juror zu sagen hat.

 

Sei innovativ
Im Interview mit der Gründerszene über seine Leidenschaft für Produkte: "Obwohl ich seit 28 Jahren im Business bin, fasziniert es mich täglich aufs Neue, wie Produkte am Markt und bei uns im Haus entstehen. Ich freue mich, ihnen bei der Entwicklung zuzusehen und sie zügig einer breiten Masse zugänglich zu machen. Es treibt mich immer wieder in die Welt hinaus, um Ideen zu sammeln und andere Märkte zu entdecken und diese dann wiederum im heimischen Markt zu etablieren."

Im Gespräch mit WiWo-Gründer über seine Innovationsfreude: "Investment in Innovation ist unser tägliches Brot. Unsere Innovationsfreudigkeit, Kreativität und Schnelligkeit ist ein Kern des Erfolges. Wir haben das nur nicht immer Start-up genannt. Unsere Produktmanager arbeiten grundsätzlich wie kleine agile Start-up-Einheiten an neuen Ideen. Wir haben bislang schwerpunktmäßig auf unsere internen Entwicklungs-Teams gesetzt und freuen uns jetzt sehr darauf, künftig vermehrt mit externen Teams Produkte neu- oder weiter zu entwickeln."

 

Sei mutig in der Führung
Und weiter: "Ich habe von Anfang an gedacht, dass ich gerne „mitjagen" würde. (...) Ich mag mutige Menschen, die innovative Ideen vorantreiben, denn davon lasse ich mich schnell begeistern. Das ist auch ein Grundstein unserer Firmengeschichte, die übrigens ganz „start-up-mäßig" in einer Garage startete. Wäre unser Gründer Dieter Schwarz damals nicht so mutig gewesen, könnten wir heute keine innovativen Ideen unterstützen."

 

Sei sozial hoch kompetent
In der Gründerszene über sein Engagement: "Unser Managementteam hat sich bereits seit Sendestart mit diesem Format auseinander gesetzt. Zufällig wurde dann die Produktionsfirma Sony Entertainment durch einen Kontakt aus unserem Netzwerk auf DS Produkte aufmerksam gemacht und hat uns kontaktiert. Schon nach dem ersten Gespräch war für beide Seiten klar, dass ich mit meinem Know-how und Netzwerk die Löwenrunde perfekt ergänze und DS Produkte das Leistungsspektrum für die Startups abrundet."

Und bei Hamburg-Startups: "Ich finde es wichtig, wenn man sich mit solchen Formaten auch kritisch beschäftigt. Und nach meiner Beobachtung ist die Auseinandersetzung mit #DHDL sehr intensiv in der Szene positiv und negativ. Startups gab es schon immer - früher nannte man sie noch Garagenfirmen. Wichtig ist doch, dass man an sich und seine Idee glaubt und diese mit voller Leidenschaft umsetzt. Das macht doch einen Gründer aus. Mut, Innovationsgeist und Fleiß sind dafür essentiell. Wer das mitbringt und seine Idee nach vorne treiben will, der verdient es auch, dass man ihm zuhört. Und wenn ich dann derjenige bin, der die Gründer dabei unterstützen darf, dann haben alle alles richtig gemacht."

 

Sei entschlossen
Und weiter: "Die Handelspower, die ich mit DS Produkte in Die Höhle der Löwen bringe, erlaubt es mir als Löwe, jungen Unternehmern eine ideale Plattform zu bieten, um ihre Produkte gemeinsam mit uns zügig voranzubringen. Bei uns erwartet die Startups nicht nur Geld und Knowhow, sondern auch Netzwerk und Vertriebsstärke."

 

Disruptiv
Über die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit: "Mit unserer neu gegründeten Beteiligungs- und Beratungsgesellschaft DS Invest stehen wir als Investoren und vor allem als Partner beratend zur Seite. Wir setzen auf langfristige und zielorientierte Zusammenarbeit, fördern und beraten Gründer individuell nach Geschäftsmodell und setzen auf nachhaltige Modelle."

Das motiviert doch, oder? Werden Sie auch ein Löwe: Seien sie mutig, entschlossen und zur Jagd bereit. Auf geht's!

 

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday.

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Staub abschütteln.

4. Januar 2016

Na, haben Sie sich schon gefragt, welches "Food for Thought", welche Nahrung zum Nachdenken, ich Ihnen zum Jahresbeginn servieren werde? Es hat nicht unmittelbar mit der Digitalisierung zu tun, wohl aber mit Veränderung und Transformation. Und sehr viel mit Ihrer inneren Motivation.

 

"Shut the door, change the record, clean the house, shake off the dust.
 Stop being who you were, and change into who you are." Paulo Coelho

Dieses – hier verkürzt wiedergegebene – Zitat postete kürzlich ein digitaler Unternehmer auf Facebook, nachdem er eine radikale Entscheidung getroffen hatte. Eine Entscheidung zugunsten des Unternehmenserfolgs, die aber engagierte Mitarbeiter verletzen und aus der Bahn werfen könnte. Und die Auswirkungen auf die DNA seines Business haben wird und möglicherweise auch ihm schlaflose Nächte bereitet.

Dieses und andere Postings zum Thema sind möglicherweise als eine Art virtuelle Selbsterklärung mit Entschuldigungs- und Motivationscharakter gedacht. Als ein "OMG. Das tut mir leid. Aber das muss jetzt sein." Nicht so im Sinne von Sachzwang, wie Sie das vielleicht aus Ihrer Geschäftswelt kennen, sondern eher in dem Sinne: "Ich muss mich und meine Art Geschäfte zu führen ändern, meinem eigenen Selbstverständnis vom modernen Leadership näher kommen und am meinem Leben wachsen. Bitte habt Verständnis dafür und begleitet mich auf dieser für euch schwierigen Reise."

Es geht um die Entscheidung eines Digital Leaders, der seine Unternehmensstruktur verändern will. So wirbt er auf Facebook um das Verständnis seiner Mitarbeiter und Weggefährten – in der Hoffnung auf ihr Verständnis und ihre Unterstützung. Weil er ohne sie nicht erfolgreich sein kann. Denn ohne ihre Motivation und ihr eigenständiges Engagement läuft das Unternehmen nicht.

 

Transformationale Führungskräfte motivieren Mitarbeiter intrinsisch
Wenn Chefs ihre Mitarbeiter aber nicht nur anleiten, sondern auch überzeugen wollen, verwenden sie den sogenannten „Transformational Leadership Style". Auf Wikipedia wird "Transformationale Führung" als der Führungsstil beschrieben, "bei dem durch das Transformieren (aus dem Lateinischen transformare = umformen, umgestalten) von Werten und Einstellungen der Geführten – hinweg von egoistischen, individuellen Zielen, in Richtung langfristiger, übergeordneter Ziele – eine Leistungssteigerung stattfindet. Transformationale Führungskräfte motivieren ihre Mitarbeiter intrinsisch, indem sie beispielsweise attraktive Visionen vermitteln, den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung kommunizieren, als Vorbild auftreten und die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen."

Immer wieder habe ich mich gefragt, warum der "Transformational Leadership Style" eine zwingende Voraussetzung für Digital Leadership ist? Reicht es nicht, wenn Top-Manager die Methoden des Digitalen kennen und eine Wertschöpfungskette gemäß des "Lean Management-Prinzips" agil entwickeln und/oder Projekte mit zertifizierten "Scrum Master" und "Product Ownern" zum Erfolg führen?

 

Mutig in der Führung
Rein technisch betrachtet schon. Doch wie motivieren Sie Menschen zu maximalen Leistungen? In dem Sie das vorleben, was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten, und sie alles, was sie für Sie und das Unternehmen tun, positiv unterstützen: im persönlichen Gespräch, am Telefon, per Mail oder Gruppen-Kommunikationstools wie Slack oder eben über das gute alte Facebook. Indem Sie ihnen vorleben, dass es sich lohnt, sich für die Aufgabe, das Projekt oder was auch immer Sie tun, einzusetzen. Extreme Gruppierungen beispielsweise haben Ihnen einiges voraus, nutzen sie doch die Möglichkeiten der digitalen und sozialen Medien perfekt, um ihre Botschaften ganz gezielt in bestimmten Milieus zu verbreiten.

Diese Provokation wollen Sie doch sicher nicht auf sich sitzen lassen, oder? Deshalb, geben Sie sich einen Ruck. Zeigen die Sie Eigenschaften, die ein Digital Leader laut einer Studie der Headhunter-Agentur Russel Reynolds ausmacht: mutig in der Führung, disruptiv, innovativ, sozial hoch kompetent und entschlossen.

Entschließen Sie sich dazu, etwas anders oder ganz neu zu machen. Schließen Sie die Tür hinter dem Alten, legen Sie eine neue Platte auf und finden Sie heraus, welche Werte Sie antreiben und wofür sie stehen. Seien Sie mutig in der Führung, gar ein Vorbild und schauen Sie, was Sie in Ihrer Welt Gutes tun können.

 

Große und kleine Taten profilierter Business Leader
Auf Upworthy, einem dieser neumodischen, viel geklickten amerikanischen Video- und Bilder-Portale, auf dem Wissenswertes als bebilderte Listen aufbereitet und mit lustigen Texten emotionalisiert werden, erschien einige Tage vor Weihnachten ein Artikel mit der Überschrift "9 high-profile CEOs who did positive things in 2015": Upworthy-Autor Maz Ali nennt neun profilierte Business Leader, die große oder kleinere Dinge getan haben, um ihre Welt ein wenig besser zu machen. Hier ein Auszug aus seinem Artikel:

Als Mark Bertolini, CEO der super erfolgreichen Krankenversicherung Aetna, hörte, dass die Mitarbeiter seiner Call Center nicht von ihrem Lohn leben können und sich für Essenmarken bewerben müssen, um zurecht zu kommen, hat er den Mindestlohn der Company auf 16 US Dollar pro Stunde erhöht und 5.7000 Mitarbeiter damit aus einer misslichen Lage befreit.

Richard Branson, Chef der Virgin-Gruppe und wohl der umtriebigste und bekannteste Unternehmer in Großbritannien, hat für Mitarbeiter, die Mütter oder Väter von neugeborenen oder adoptierten Kindern sind, eine bezahlte Elternzeit eingeführt. Ihre private Kinderbetreuung wird ein Jahr lang zu einhundert Prozent vergütet. Allerdings nur in den Büros in London und Genf.

Auch Reed Hastings, der im letzten Frühjahr auf der "re:publica" mit seiner persönlichen Gründungsgeschichte von Netflix seine Zuhörer begeisterte, hat eine vergleichbare Elternzeit-Policy erlassen, ebenfalls für einen eingeschränkten Mitarbeiterkreis. Das Privileg erhalten nur Mitarbeiter der Streaming-Abteilung. Die in der DVD-Abteilung arbeiten, gucken in die Röhre.

Rose Marcario, CEO des Outdoor-Unternehmens Patagonia, besteht auf Nachhaltigkeit, selbst wenn es auf Kosten des Umsatzes geht. Neben einer bewusst ökologischen Produktion und der Unterstützung von Umweltorganisationen, setzt Patagonia auf Reparaturen und Recyling. Sie haben die größte Reparaturwerkstatt für Bekleidung in Nordamerika eingerichtet, bieten ihren Kunden Werkzeuge an, damit sie ihre Sachen selbst reparieren können, tauschen Alt gegen Neu und sorgen dafür, dass Gebrauchtes an Bedürftige gespendet werden kann.

Als Dan Price, Chef des Finanzdienstleisters Gravity Payments, 2010 in einer "Princeton-Studie" las, dass die Menschen mit einem Jahreseinkommen von 75.000 Dollar am Glücklichsten sind, beschloss er, das Mindesteinkommen seiner Mitarbeiter für zwei Jahre auf 70.000 Dollar anzuheben. Diese Maßnahme kompensierte er in Teilen mit seinem eigenen Jahresgehalt. Wir ahnen es, er kürzte sein Gehalt von rund 1,1 Mio. US Dollar ebenfalls auf 70.000 US Dollar. Auch wenn das Unternehmen aktuell unter juristischen Nachwirkungen des Experiments leidet, die die wahre Motivation des CEO für diese Aktion hinterfragen. Viele Mitarbeiter haben zumindest eine Zeit lang von seiner Maßnahme profitiert.

Natürlich müssen Sie nicht gleich das Gehaltsgefüge Ihres Hauses auf den Kopf stellen. Doch gerade jetzt, zu Beginn des neuen Jahres, macht es Sinn, die Tür zu Ihrem Chefbüro zu schließen, den Staub abzuschütteln und sich auf die neue Zeit einzustellen: mutig in der Führung, disruptiv, innovativ, sozial hoch kompetent und entschlossen – so schwer kann das doch gar nicht sein. Und ja, ich bin auch weiterhin an Ihrer Seite.

 

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday.

Einen entschlossenen Start ins neue Jahr wünscht Ihnen,

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Tschüss, gute Vorsätze.

Rocken Sie das neue Jahr mit Ihrer "Leadership Bucket List. 2016 Edition"

28. Dezember 2015

Sie erinnern sich? Vor Weihnachten, also gefühlt vor einer Ewigkeit, haben Sie sich gefragt, ob Sie ein Chef aus der Hölle sind. Wenn ja, dann wird's Zeit für einen "pivot". Sie wissen nicht, was das ist? Macht nichts. Da kann Ihnen geholfen werden. Mit unserer "Leadership Bucket List. 2016 Edition".

 

Haben Sie über die Festtage auch am Smartphone gechillt, wenn Ihnen die Weihnachtsnummer zu heftig wurde? Kam sicherlich nicht so gut. Ihre Familie weiß ganz genau: Wer bekommt in Deutschland schon während des heiligen Christfests wichtige Mails oder Messages Möglicherweise haben Sie dieser Tage mal wieder den Kollegen Mayr vom International Sales beneidet, der sich wegen einer dringenden Nachricht seines Kunden in Shenzhen einfach so ausklinken kann. Diesmal nicht bei der langweiligen Besprechung mit dem Chefchef, sondern beim bemühten Singen um den häuslichen Tannenbaum. Egal. Sie wissen auch, was Sie wollen. Und dazu gehört mit Sicherheit, dass Ihnen keiner ein X für ein U vormachen kann!

Lassen wir die Feiertage hinter uns und schauen wir mutig nach vorn. Und was fällt nicht nur jedem Kolumnisten zur Zeit zwischen den Jahren ein? Na klar, etwas mit guten Vorsätzen. Sie haben sicher bemerkt, dass ich gerade zwei Redewendungen verlinkt habe. So servicemäßig. Damit wollte ich Ihnen die Chance geben zu bemerken, dass a) schon die Alten Römer wussten, wie man Zahlen manipuliert (unnützes Wissen, das brauchen Sie für diese Kolumne nicht wirklich) und b) Sie noch bis zum 5. Januar Zeit haben, sich mit dem Nachfolgenden gedanklich zu beschäftigen. Denn traditionell geht das neue Jahr erst am 6. Januar los. Dann brauchen Sie das, was ich Ihnen gleich als geheimes Erfolgsrezept für Ihren Weg zur Digital Leadership Excellence aufgeben werde.

Los geht's mit meinen "V-Tipps" (wenn Sie den ersten Wikipedia-Eintrag gelesen haben, wissen Sie, dass das "U" bei den alten Römern für das "V" stand, einer Zahl. Wir verschriften die mit unseren arabischen Schriftzeichen als "5" und schreiben im Fließtext "fünf". Ich weiß, Sie wissen das alles schon. Sie haben das große Latinum absolviert und beherrschen die deutsche Rechtschreibung besser als Ihre hochgeschätzte Sekretärin, obwohl Sie ihr in den letzten 15 Jahren bereits fünf hochpreisige Seminare zur Korrespondenz-Expertin finanziert haben.) Also, jetzt aber, auf geht's:

 

Die "Leadership Bucket List. 2016 Edition"
Gute Vorsätze kann jeder. Alle wollen im neun Jahr abnehmen, mehr Sport treiben, weniger trinken und/oder früher ins Bett gehen. Das ist langweilig und meistens das, was man heute nicht „nachhaltig" nennt. Die guten Vorsätze verpuffen im Nichts wie 70 Prozent der Changeprojekte in Unternehmen.

Reden wir also über eine Bucket List. Auf so einer Liste halten Amerikaner alles fest, was sie bis zu ihrem Ableben noch einmal gemacht haben wollen. Das sind Herzenswünsche, wichtige Vorhaben – eben mehr als gute Vorsätze.

 

Fünf Dinge, die Sie bis zum Ende das Jahres unbedingt gemacht haben sollten

 

1. Wenn Sie etwas nicht wissen, fragen Sie ganz #social nach
Sie kennen doch Online-Foren im Internet, bei denen man auch anonym nachfragen kann, wie man sich am günstigsten scheiden lässt, ob der neue BMW i8 mehr als nur den Zeitgeist beschleunigt oder ob ein Gutschein für ein Candlelight Dinner im Chateau Mon Desir (Mauritius) der anspruchsvollen Missus gefallen könnte.

Solche Wissensbörsen gibt es auch für digitale Experten und Lernende. Meist handelt es sich dabei um öffentliche oder geheime Facebook-Gruppen, in denen Fragen zu Social Media, Unternehmertum, Muttersein oder zum eigenen Start-up-Erfolg gestellt werden können.

Im Digitalen gilt es als schick zu zeigen, dass man hart arbeitet, aber natürlich nicht alles weiß. Da erklären nicht SIE den anderen die Welt, sondern die anderen IHNEN. Das Konzept ist simpel: Sie bitten um Aufnahme in die Gruppe, stellen sich mit Vornamen, also per du, mit wenigen Worten der Gruppe vor und danken allen für die Aufnahme. Ab jetzt lesen Sie still mit, klicken ab und zu mal auf „gefällt mir" und wenn Sie den Ton und die Sprache der Gruppe verinnerlicht haben, dürfen Sie ganz bescheiden etwas kommentieren: "Super Frage, Torben, das wollte ich wissen. Danke, Nina, für die den Link. Deinen Blogpost dazu kann ich nur empfehlen." Wenn die Gruppenmitglieder Sie nett und sympathisch finden, dürfen Sie auch mal was fragen. Und wenn Sie irgendwann ganz bescheiden durchblicken lassen, dass Bert im Ihrem Team es super findet, dass Sie in dieser Gruppe sind, werden Sie bald der Star der Gruppe sein. Sie mutieren zum lebenden Beweis dafür, dass es auch Chefs gibt, die nicht aus der Hölle sind. Klingt entspannt, oder? Vielleicht klappt das Prinzip auch bei Ihnen im Büro? Seien Sie innovativ und testen Sie es aus...

 

2. Wenn Ihnen nichts Schlaues einfällt, #crowdsourcen Sie
Ganz ehrlich und Hand auf's Herz: Das haben Sie und alle Chefs auf der ganzen Welt doch immer so gemacht. Einen Auftrag vom Chefchef angenommen, an das Team delegiert und das Ergebnis dann als das eigene ausgeben - wenn es oben gut ankam.

So ähnlich geht das im Internet auch. Doch es gibt zur sozialen und digitalen Szene einen klitzekleinen Unterschied: Wenn Sie die "crowd", also viele andere, um Hilfe oder Input bitten, müssen Sie IMMER und immer wieder artig "Danke" sagen. Die Währung hier heißt shares, likes, favs. Also die Antwort teilen, auf "gefällt mir" klicken und/oder favorisieren.

Aus dem Crowd-Ansatz lassen sich übrigens auch neue Arbeitsformen ableiten wie Crowdworking, das vielleicht irgendwann auch in Ihrer Abteilung Einzug halten wird. Sie wären dafür vorbereitet...

 

3. Wenn Ihnen alles zu lange dauert, fordern Sie #agiles Vorgehen
Der Lateiner in Ihnen weiß, dass der Begriff "agil" mit flink oder beweglich übersetzt werden kann. Der Begriff kam in unserer Zeit zuerst in der Softwareentwicklung zu tragen. Laut Wikipedia versucht "Agile Softwareentwicklung (...) mit geringem bürokratischem Aufwand, wenigen Regeln und meist einem iterativen Vorgehen auszukommen."

Das Konzept vom Agilen eignet sich auch gut zum Verschlanken anderer Prozesse im Büro. Haben Sie schon einmal überlegt, warum es so lange dauert, bis ein Text abgestimmt oder eine Vorstandsvorlage geschrieben ist? Ich weiß, es ist mühsam, jeden Prozess neu zu hinterfragen. Mein erster Chef sagte immer zu uns Angestellten: "Qualität kommt von Quälen..."

 

4. Wenn Ihnen ein Ergebnis nicht gefällt, ordnen Sie ein #Pivoting an
Jetzt kommen wir mal zu einem erfreulichen Aspekt des Digital Leadership: das Pivoting. Im Start-up-Bereich bezeichnet man mit Pivot oder Pivoting die Veränderung eines Geschäftsmodells nach der Lean Startup-Methode. Das heisst, immer dann, wenn etwas nicht so funktioniert, wie es soll, können Sie ganz entspannt über einen Pivot nachdenken, ohne dass Ihnen jemand sagt, dass Sie einen Fehler gemacht haben oder Schuld daran sind, wenn etwas anders kommt als erwartet. Pivot gehört bei anständigen digitalen Innovationsprozessen einfach dazu.

 

5. Wenn Sie mal wieder während einer Sitzung mit dem Smartphone spielen, testen Sie eine App. #DigitalPlayground
Zum Digital Leadership gehört auch, dass man sich mit den digitalen Möglichkeiten vertraut macht und möglichst täglich auf den neusten Stand bringt. Die digitale Welt ist wie ein großer Spielplatz. Und das Kind mit den besten Förmchen hat die meisten Freunde. Das klingt nach Wettbewerb und ganz viel Spaß. Ich bin mir sicher, dass Sie und Ihre Kumpels sich häufig über neue Apps austauschen.

So wie Sie sich mit der News-App von einem Start-up aus den Niederlanden die Nachrichten kuratieren (auswählen) lassen, so können Sie mit einer App die Größe Ihres Büros ausmessen, mit mehreren Autoren an verschiedenen Orten gleichzeitig ein Excel-Dokument bearbeiten oder für das Geschenk Ihres Golfpartners Geld einsammeln.

Ich bin mir ganz sicher: Mit dieser "Leadership Bucket List. 2016 Edition" bleiben Sie garantiert kein Chef aus der Hölle. Damit haben Sie schon Ihren zweiten Schritt zum Digital Leader gewagt! Den ersten haben wir hier beschrieben.

Und wenn Sie so richtig cool digital rüber kommen wollen, dann führen Sie Ihre Leadership Bucket List mit dieser Page.
Viel Spaß!

 

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday.

Einen inspirierenden Jahreswechsel wünscht Ihnen,

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Digital danken.

21. Dezember 2015

Vor einer Woche haben wir getestet, ob Sie ein "Chef aus der Hölle" sind. War wohl nicht so schlimm, denn Sie sind ja immer noch hier. Und Sie lesen weiter. Okay, dann kommen wir jetzt vom Testen zum Experimentieren.

 

Meine These: Kolumnisten helfen Menschen in Not. In den 1960/70er Jahren wäre meine Zielgruppe wohl die moderne Ehefrau in der Bundesrepublik Deutschland gewesen, die alles richtig machen will. In einer Zeit, in der die Anti-Baby-Pille sorgenfreien Sex ermöglichte, in der es gesellschaftlich akzeptabel wurde, sich scheiden zu lassen, und in der verheiratete Frauen auch ohne die Erlaubnis ihres Ehegatten einen Arbeitsvertrag unterschreiben durften, suchten vor allem Frauen in der gesellschaftlichen Mitte nach Orientierung. Waren sie auf diese Veränderungen vorbereitet? Wohl kaum.

 

Für das digitale Denken sind Topmanager zuständig

Auch heute, im Zeitalter der digitalen Transformation, geht es darum, das Richtige zu tun. Doch wer soll sich kümmern? Wer ist für das Thema zuständig? Bis vor kurzem konnte alles, was mit "digital" zu tun hatte, in die IT-Abteilungen und Produktentwicklung delegiert werden. Doch jetzt hat die Fachöffentlichkeit, befeuert durch Studien und lautstark geäußerte Experten-Stimmen, die Top-Manager ins Visier genommen. Sollen sie doch die Digitale Transformation auf den Weg bringen, diese überbezahlten Unternehmenslenker mit ihren überhöhten Gehaltschecks, Eckbüros und Dienstwagen, die bisher nur darauf achten mussten, dass Investoren und Inhaber ihren "return-on-invest" erhielten. Und nun stehen Sie da, meine sehr verehrten Damen und Herren. Jetzt sollen Sie etwas richten, von dem Sie gar nicht so genau wissen, was es ist, wozu es gut sein kann – und was so en passant Ihre mühsam aufgebaute Karriere gefährdet. Puh. Und wenn Sie sich dem nicht stellen wollen, dann werden Sie auch noch als Chefs aus der Hölle bezeichnet. Pfff. Also dann eben diese Kolumne für Menschen in Not.

 

Zeit für ein "Umdenken im Kopf"

Mein Job ist, Sie zu ein paar Gedanken-Experimente zu animieren. Es geht um das "Umdenken im Kopf".

Es gibt viele Gründe, warum sich Umdenken lohnt. Immer dann, wenn wir mit unseren bisherigen Konzepten, Philosophien und Erfahrungen nicht mehr weiter kommen. Wenn Sie das Gefühl haben, sich im Kreis zu drehen und nicht weiter zu kommen. Die tollsten Aktionen und Produkte nützen Ihnen gar nichts, wenn Ihre Marke unter einem schlechten Image leidet oder Ihre Mitarbeiter überdurchschnittlich unzufrieden sind. Da nützt es nicht, sich die Situation von Beratern schön reden zu lassen oder ehrliche Führungskräfte, die es gut mit Ihnen meinen, als illoyal zu entlassen. In Zeiten der digitalen Transformation geht es darum, ganz genau hinzusehen. Opel hat aus diesem Grund 2014 die crossmediale Kampagne Umparken im Kopf gestartet. Die Idee dahinter:

"Was wir denken, bestimmt, was wir sehen. Und Dinge, über die wir ein vorgefasstes Urteil haben, sehen wir oft überhaupt nicht mehr."

Opel hat mit dieser crossmedialen Aktion, die über klassische Medien und Social Media gespielt worden ist, rund 40 Prozent der deutschen Autokäufer erreicht, die verstanden haben, dass Opel neue Wege gehen will. Sie investieren in Carsharing, CarConnecivity und alles das, was die digitale Zeit für Autobauer so im Köcher hat. Und ihr Chef Dr. Karl-Thomas Neumann kommuniziert seit 2010 als @KT_Neumann als erster europäischer Vorstandschef eines Autoherstellers auf Youtube und Twitter. Über Twitter bekommt er ungefiltertes Feedback von Opel-Fans und Autobegeisterten. Also Informationen, die sonst ChefsekretärInnen und der enge Führungskreis ausfiltern. Wie wichtig Dr. Neumann seine Twitter-Kontakte sind, erfahren wir aus seiner aktuellen Weihnachtsansprache auf YouTube, in der er die Unternehmenserfolge darstellt und dafür auch seinen Twitter-Followern dankt.

 

Auch ein anderer deutscher Autobauer veröffentlicht zum Weihnachtsfest eine Videobotschaft: Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender von Daimler, zeigt ebenfalls die Erfolge seines Unternehmens per Videobotschaft auf. Aber am Schluss dankt er nicht der Öffentlichkeit oder seinen Dienstleistern und Kunden, sondern allen Kolleginnen und Kollegen für ihren großartigen Einsatz. Als ich diesen Clip zum ersten Mal gesehen hatte, dachte ich: alles richtig gemacht! Tradition (Weihnachten feiern und saisonale Grüße versenden) und Moderne (technische Errungenschaften in schnellen Schnitten als Videoclip öffentlich zeigen) werden formal interessant verbunden. Doch was ich besonders gelungen finde, ist die Einsicht, dass in Zeiten der digitalen Transformation manch eine interne Botschaft auch extern gespielt werden kann und soll: Fast jeder Mitarbeiter wird Zugang zu YouTube haben. Und jeder kann voller Stolz den Link an Freunde und Bekannte schicken, um zu zeigen, was sie 2015 im Betrieb Tolles erreicht haben.

 

Mit dieser Dankeschön-Aktion wird ein Phänomen unterstützt, das Sie alle kennen und Digital Leader besonders beherzigen. Marc Stoffel, von den Mitarbeitern gewählter CEO der haufe-umantis AG und einer der großen Digital Leadership-Gurus in Deutschland, hat es in seinem TEDx-Talk über Work Imagined im November des Jahres so formuliert:

"Mitarbeiter wünschen sich gute und starke Leader. Sie würden sich – wenn sie die Wahl hätten – immer für eine Führungskraft entscheiden, von der sie sich inspiriert fühlen und lernen können."

 

Zurück zu Ihnen. Ich bin mir ganz sicher: Auch Sie sind bestimmt nicht ein geborener Chef aus der Hölle. Auch Sie können Ihren Mitarbeitern „Danke" sagen und sie in Zukunft mehr inspirieren. Damit haben Sie den ersten Schritt zum Digital Leader gewagt! Vielen Dank für's Mitdenken und Danken.

 

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday.

Fröhliche Weihnachten wünscht Ihnen,

Ihre Christiane Brandes-Visbeck

 


Test. Test. Test.

14. Dezember 2015

Sie erinnern sich? Vor einer Woche sprachen wir über Chefs aus der Hölle. Sie wollen jetzt sicherlich wissen, woran man diese erkennt. Und ob Sie auch so einer sind?

 

Also, im Prinzip erkennen Sie sich ganz leicht. Sie wollen Sachen, die unmöglich sind. Die einfach nicht funktionieren. Keinen Sinn machen. Doch wir sind hier ja in einer Kolumne, die sich mit Leadership-Themen befasst. Da geht es nicht nur um Chefs aus der Hölle, sondern auch darum, wie wir als Chefs erfolgreich den digitalen Wandel überstehen.

Die Bewertung, was geht, wollen es wir uns aber nicht zu leicht machen. Wir brauchen Kriterien. Nachvollziehbare natürlich. Und valide Ergebnisse. Einverstanden?

Also versuchen das jetzt einfach mal mit einem "Digital-Leadership"-Test.
Bitte beantworten Sie – ohne lange nachzudenken – folgende drei Fragen:

 

1. Sie kommen morgens in die Firma. Was machen Sie als Erstes?
→ Sie gehen und von Tisch zu Tisch, begrüßen Ihre Mitarbeiter und Kollegen, und gehen dann weiter in Ihr Büro (10 Punkte)

→ Sie ziehen ihren Mantel aus, holen sich einen Kaffee und quatschen kurz mit denen, die in der Küche rumstehen (5 Punkte)

→ Sie gehen schnellen Schrittes ohne nach rechts und links zu gucken in ihr Büro und bleiben dort dank ihrer mitgebrachten Butterbrote bis zum Feierabend sitzen. (0 Punkte)


2. Sie erhalten vom Chef-Chef den Auftrag, ihm eine aktuelle Statistik über ihre Verkaufszahlen/Mitarbeiter/den Projekterfolg (hier steht das, was Sie machen) zu übermitteln. Aber dalli. Was machen Sie?

→ Weil der zuständige Kollege im Urlaub ist, schreiben Sie eine Rundmail an Ihr Team und fragen nach, wer den Job übernehmen kann und will. Sie erwähnen, dass das eine gute Chance ist, mal ein neues Tool oder eine App zu testen. Alle dürfen mittesten und Ihnen das Ergebnis vorlegen. Der, der die effizienteste und visuell ansprechendste Lösung präsentieren kann, versprechen Sie eine lobende Erwähnung beim Chef-Chef sowie zehn Karmapunkte. (10 Punkte)

→ Sie rufen den Mitarbeiter an, der für ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) zuständig ist, um ihm zu sagen, dass Sie ganz schnell und sofort diese Statistik bräuchten. Und weil er ihm Urlaub ist, was Sie vergessen hatten, machen Sie den Kollegen, der ans Telefon gegangen ist, deshalb kurz an und beauftragen ihn anschließend, das Problem zu lösen. (0 Punkte)

→ Sie wissen, der zuständige Mitarbeiter ist im Urlaub, alle anderen haben schon genug zu tun, weil sie andere Aufgaben in seiner Abwesenheit zusätzlich erledigen müssen, und erstellen die Statistiken selbst. (5 Punkte)


3. Sie müssen in zehn Tagen ein Konzept präsentieren. Wie gehen Sie vor?

→ Sie buchen ausgewählten Mitarbeitern, die Sie als kreativ erlebt haben, ein zweistündiges Meeting für den Nachmittag ein. Im Meeting schlagen Sie nach langem Hin und Her drei Mitarbeitern in Variationen dasselbe vor. Sie geben dem dritten Redner Recht, weil sich sein Vorschlag als Konsens herausgestellt hat, bitten Ihre Mitarbeiter auf der Basis weiterzuarbeiten und verlassen das Meeting. (5 Punkte)

→ Sie setzen ein Doodle mit drei Terminoptionen auf und laden alle Ihre Mitarbeiter ein, innerhalb einer Stunde ihre Häkchen zu setzen. Im Meeting arbeiten die anwesenden Mitarbeiter mit den abgespeckten Methoden des Design Thinkings. (10 Punkte)

→ Weil der zuständige Kollege im Urlaub ist, entwickeln Sie ein Grobkonzept, geben das Ihrem Lieblingsmitarbeiter und bitten ihn, dieses auszuarbeiten und fertig zu stellen. (0 Punkte)

 

Rechnen Sie nun Ihr Ergebnis aus.

Sie haben 20 bis 30 Punkte erzielt?
→ Super. Sie haben den Test bestanden und dürfen hier mitschreiben.

Sie zählen nur 10 bis 0 Null Punkte?
→ OMG. Setzen und weiterarbeiten!

Sie haben 10 bis 20 Punkte?
→ Tadaa! Sie dürfen hier weiter lesen.

 

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it's Leadership Monday. Ich freue mich auf Sie.

Ihre Christiane Brandes-Visbeck